Mein Kopf gehört mir

★★★☆☆ »Mein Kopf gehört mir« – Eine Reise durch die schöne neue Welt des Brainhacking

»Mein Kopf gehört mir« - Eine Reise durch die schöne neue Welt des Brainhacking


30. Nov 2021
4 min. Lesezeit
  • Produktivität

Hörbuch Blogger

Dr. Daniela Preiß

Hörbuch-Bloggerin

Mein Kopf gehört mir

Der technische Fortschritt könnte zum Leichtsinn verführen, aber nicht Miriam Meckel. In ihrem Hörbuch »Mein Kopf gehört mir«* klärt die Autorin kritisch auf, was uns das Brainhacking kostet und stellt in Selbstversuchen ihr persönliches Gehirn auf die Probe. Eine ehrliche Autorenlesung.

Spannendes Thema für alle, die es interessiert, wie das Bewusstsein beschaffen ist und wie wir es mit modernen Techniken optimieren können.

die besten Hörbücher

»Mein Kopf gehört mir«


Autor: Miriam Meckel
Sprecher: Miriam Meckel
Laufzeit: 9 Std. und 52 Min.

Mehr zum Hörbuch*

Brainhacking, Sleephacking und Brainchat


»Kann man nicht einfach eine Batterie ans Gehirn anschließen und schon arbeiten die grauen Zellen schneller und besser?« Darüber denkt Miriam Meckel nach und vereinbart einen Termin mit der amerikanischen Firma Thync. Denn diese hat ein Gerät auf den Markt gebracht, das den Nutzern ermöglicht, über elektrische Stimulation des Gehirns ihre Aktivitäts- und Ruhephasen zu steuern.

Meckel schildert detailliert, wie sie den Selbstversuch empfindet. In den nächsten 36 Stunden kann sie weder schlafen noch essen, sondern muss sich mehrmals übergeben. Sie bemerkt, dass ihr Gesicht merkwürdig aussieht, irgendwie gefroren.

Sie beurteilt das als einen Einzelfall, den man nicht verallgemeinern darf. Und doch zeigt Meckels Experiment, »dass wir aufpassen müssen, wo wir eingreifen und vor allem, zu welchem Zweck«.

Denn es geht nicht mehr nur darum, Lösungen für medizinische Probleme zu finden. Vielmehr soll der Mensch verbessert werden. Dabei ist uns »gar nicht bewusst, wie hoch komplex selbst banalster Alltag ist. Und welch unglaubliche Leistungen unser Gehirn in jeder Sekunde vollbringt. Stattdessen wollen wir immer mehr.«

Aber: »Was stimmt nicht, wenn ich so gestresst bin, dass ich mein Gehirn manipulieren muss, um damit umgehen zu können?« Ob Medikamente, Stromstöße oder dauerhaft ein Implantat im Kopf, immer wieder äußert Meckel sich kritisch. Außerdem wird fundamental aufgeklärt, damit die Hörer zu ihrem eigenen Urteil gelangen.

Etwa erörtert sie Brainhacking, Sleephacking oder den Brainchat. Wenn wir so weitermachen, wächst die Wissenskluft in unserer Gesellschaft. Arbeit und Selbstwert gehen als Lebensgrundlage verloren, außerdem Individualität und Identität. Am Ende bleibt, nach Auffassung von Meckel, »eine sehr rationale und effiziente Welt. Schön wird sie nicht«.

In meinen Ohren immer gleich


Ich fange an wie gewohnt, um eine Hörbuch-Rezension zu schreiben. Erst mache ich es mir bequem. Ich blende aus, was stören könnte, lenke meinen Fokus zu dem Hörbuch. Dadurch bleibe ich in der Spur. Das heißt, normalerweise. Jetzt läuft irgendetwas schief, denn es fällt mir schwer, mich zu konzentrieren und Meckel in ihren Gedankengängen zu folgen. Irgendwie fühle ich mich überfordert. Aber warum nur?

Meckel hat den Text nicht nur geschrieben, sondern spricht ihn auch. Und Autorenlesungen entzünden oftmals ihre eigene Dynamik. Nicht zuletzt in diesem Fall.

Bereits 1990 hat sich Meckel, für einen Fernsehbeitrag, mit dem Gehirn beschäftigt. Sie ist Journalistin, Moderatorin. Aber wie das in meinen Ohren klingt, fehlt ihr eine Ausbildung als Hörbuchsprecherin. Sie lispelt. Nicht übertrieben, aber doch so stark, dass es auf Dauer schwierig für mich wird, ihr wachsam zuzuhören.

Und Meckel leiert. Rauf und runter, immer wieder kommen Sätze in derselben Melodie. Dadurch fehlen mir die Emotionen, ja das Besondere, das sie als Sprecherin auszeichnen könnte.

Zudem stolpere ich, das Gesagte aufzunehmen, da Meckel bisweilen undeutlich artikuliert. So erzählt sie von Thync, einer Firma. Und erläutert, dass der Name keinen Schreibfehler enthält, sondern einen Neologismus bildet: aus den englischen Begriffen für Denken – »Think« – und synchronisieren, abgekürzt »sync».

Es dauert länger, bis sich das in meinem Kopf zusammensetzt und ich herausgefunden habe, wie das Unternehmen heißt und geschrieben wird.

Ähnliche, problematische Textstellen folgen. Zum Beispiel, dass Siri über die Diktierfunktion »Käse« anstatt »These« einfügt oder »Hauerei« statt »Hawaii«. Zumindest höre ich das so heraus. Doch hat sie das wirklich gesagt?

Mehr zum Hörbuch*

Für ein gebildetes Publikum


An sich hegt Meckel den Wunsch, dass jeder Einzelne sich mit dem Brainhacking auseinandersetzen kann. Und auch in der Gesellschaft sollte sich die Diskussion vertiefen.

»Wo muss das Gehirn, als Zentrum des Denkens und der individuellen Persönlichkeit, geschützt werden? Welche Ansprüche haben wir an unsere geistige Selbstbestimmung, auch an geistige Intimität und den Schutz privater Gedanken?«

Diese und ähnliche Fragen wirft die Autorin auf und betont, selber keine Neurowissenschaftlerin zu sein. Auch möchte sie nicht so tun, als wäre sie eine. Aber Meckel hat, in Vorbereitung auf das Buch, mit vielen Forschern und Experten gesprochen. »Sie alle wissen viel mehr über das Gehirn, als ich je wissen werde.« Doch sie betont auch, dass diese Fragen jeden Menschen betreffen, der für sich selbst entscheiden möchte, was mit seinem Gehirn und seinem Bewusstsein geschehen soll.«

Diese Einführung verleitet mich, die Zielgruppe, wie Meckel sie wohl definieren würde, möglichst breit zu streuen. Je mehr Personen sich ihrem Thema zuwenden, umso besser. Also müsste Meckel einen leicht verständlichen Sprachstil wählen.

Müsste – denn sie tut es nicht. In ihrem Inneren steckt eine Wissenschaftlerin, von der sie sich kaum zu lösen vermag.

In der Sprache drückt sich ihre hohe Bildung aus. Zudem beruft sie sich auf Philosophen wie Luhmann (Systemumweltdifferenz) oder die Quantenphysik (Erwin Schrödinger). Das fließt nur nebensächlich ein und doch verstärkt es die Befürchtung, dass nicht jeder, der hier mehr erfahren möchte, wirklich folgen kann. Bzw. die Energie aufbringen will, sich mit einer solchen Darstellung auseinanderzusetzen.

Da brauche ich ein Wörterbuch


Schon der geschriebene Ausdruck verlangt, dass ich ganz genau zuhöre.

Unter anderem erwähnt die Autorin »das hyperaktive Performance-, Innovations- und Finanzierungsumfeld der amerikanischen Westküste«. Um solche Begrifflichkeiten restlos zu verstehen, müsste ich sie mehrfach ablaufen lassen. Aber ich kann nicht dauernd rückwärtsspulen, zumal es nicht so einfach ist, dann den Anfang der gesuchten Textstelle zu finden. In Schriftform? Kein Problem. Aber beim Hörbuch…

»Leistungsfetischismus«, »fast mechanischer Stoizismus« oder auch die »unternehmerische Neurorevolution«. Unerschöpflich bringt Meckel solche Formulierungen vor. Beinahe lachen muss ich über den »Raubvogel der Selbstbeschränkung«, doch am Ende, ganz genau genommen, ist es traurig.

Vielleicht möchte Meckel ihren Hörern ein paar sprachliche Perlen schenken. Vielleicht gibt es andere Nutzer, bei denen das zuverlässig ankommt. Aber mich wirft es aus der Bahn.

Und Meckel weiß ihr Können noch zu steigern. Denn sie bemerkt, dass ein ins Hirn gesetztes Implantat »korrodieren« könnte. Also … Bitte was? Ich rufe den Thesaurus auf, um zu erfahren, wie die Wortbedeutung lautet: »Ätzen«, »verrosten«, »sich auflösen« und so weiter. Kurz danach stellt sich heraus, dass Meckel »eine rostige Schnittstelle« meint. Doch warum sagt sie das nicht gleich?

Außerdem kommt es mir vor, als würde die Autorin alles, was sie jemals zu dem Thema ihres Buchs gelesen hat, bei mir abladen wollen.

Manchmal geht sie sehr weit in der Geschichte zurück. Politiker werden zitiert, dazu Neuroethiker, Bioethiker und Unternehmer. Ich lausche Episoden, die mich sehr beeindrucken, darunter die des Neurowissenschaftlers Philip R. Kennedy. Aber es sind zu viele Beispiele. Zu viele Details, die mir den Blick für das Wesentliche nehmen und so stellt sich öfter das Gefühl ein, im Trüben zu fischen.

Die Spieldauer des Hörbuchs beträgt annähernd zehn Stunden. Um ein Drittel reduziert, dafür einen zweiten Teil herausgebracht, das hätte mir besser gefallen. Und das hätte womöglich auch besser zu Meckel gepasst, die sehr scharfsinnig ist und immer wieder klare Worte findet.

Fazit: Weniger wäre mehr


In den 1970er Jahren wählte die Frauenbewegung das Motto »Mein Bauch gehört mir«. Hierbei ging es um das Recht auf Abtreibung, als Ausdruck der Selbstbestimmung über den eigenen Körper und das eigene Leben. Damit verknüpft, nimmt Meckel »Mein Kopf gehört mir«.

Ihr Hörbuch regt zum Nachdenken an. Ihre Haltung verdient es, beachtet zu werden. Außerdem beweist sie, mit den Selbstversuchen, eine große Neugier und hebt sich in der Forschung von anderen ab.

Nur können mich weder der Schreib- noch Meckels Sprechstil begeistern. Das Hörbuch wirkt ausschweifend, mit Fremdwörtern und Fachvokabular überfüllt. Doch hätte sie es anders konzipiert, wäre eines sicher drin gewesen: Noch mehr Leute zu erreichen.

Hier kannst Du das Hörbuch kaufen*

*Affiliate Link

Hörbuch auf einen Blick




Ohne PDF
Ohne Übung
nur bei Audible
KI-Interessierte


Die besten Hörbuchtipps direkt per E-Mail


Image


Alle sieben Kategorien



»Wer fühlen will muss hören«
Audiojunkie